Aufbau des Luftschiffhafens 1915

Im Juli 1915 traf die Reichsmarine die Entscheidung, einen Luftschiffhafen südlich von Ahlhorn anzulegen. Im gleichen Monat begannen schon die Bautätigkeiten und über 2000 Facharbeiter, Kriegsgefangene und Marinesoldaten errichteten innerhalb eines Jahres eine gigantische Luftschiffanlage.


Von dem Bau des Luftschiffhafens konnten vor allem Handwerker und Gastwirte profitieren. So wurde das alte Posthaus vergrößert, um Unterkünfte für die am Bau beteiligten Planer und Ingenieure anbieten zu können. Ebenfalls wurde der Ahlhorner Krug um eine Etage erweitert.

Verlierer waren hingegen die Bauern, die Teile ihrer Ackerflächen (523 ha gesamt) über Enteignungen für den Bau des Luftschiffhafens zur Verfügung stellen mussten.

 

Lageplan des Luftschiffhafens Ahlhorn

Bild 1: Lageplan des Luftschiffhafens Ahlhorn 

 

Der Luftschiffhafen bestand im Wesentlichen aus vier Teilanlagen:
   • Offizierskasino, Bauleitung, Gefangenenlager und Lokschuppen [Bereich A],
   • Fabrik (Gaswerk, Heizwerk, Kompressionsanlagen, Wasserwerk, Kläranlage) [Bereich B],
   • Hallen mit Landeplatz, Werkstätten und Lager [Bereich C],
   • Unterkunftsanlage mit Betriebsgebäude [Bereich D].

 

Bauphase der I. Hallengruppe

Die 1916 fertiggestellte Hallengruppe I, bestehend aus den Hallen 1 (Aladin) und 2 (Albrecht)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 2: Bauphase der I. Hallengruppe                                                                                                                                   Bild 3: Die 1916 fertiggestellte Hallengruppe I, bestehend aus
den Hallen 1 (Aladin) und 2 (Albrecht)

 

Zunächst wurden zwei Hallengruppen gebaut (je 234m lang, 66m breit und 34m hoch). Die dritte Hallengruppe sollte mit 268m Länge noch größer werden und wurde im 1. HJ. 1918 fertiggestellt.

 

 

Jede Halle konnte 2 Luftschiffe aufnehmen. Hier wurden die Luftschiffe auch gewartet, betankt und mit Gas befüllt.

In Ahlhorn waren die Hallen wie folgt benannt:

1. Hallengruppe I:
   * Halle 1 = Aladin
   * Halle 2 = Albrecht
2. Hallengruppe II:
   * Halle 3 = Alrun
   * Halle 4 = Alix
3. Hallengruppe III:
   * Halle 5 = Alma
   * Halle 6 = Alarich

 

Blick von oben auf zwei Luftschiffe

 

Bild 4 bietet einen Blick von oben auf die beiden Luftschiffe L47 (links)
und L46 (rechts) in der fertiggestellten Halle Alrun (Hallengr. II)

 

 

Neben den Luftschiffhallen war auch eine umfangreiche Peripherie für den Betrieb notwendig, die parallel zu den Hallen aufgebaut wurde.

 

Luftaufnahme der Unterkunfts-, Betriebs- und Verwaltungsgebäude

 

Bild 5: Luftaufnahme der Unterkunfts-, Betriebs- und Verwaltungsgebäude im Südwesten des Luftschiffhafens.
Diagonal durch das Bild ist die heutige B69 zu sehen (Postkarte, um 1923).

 

Ein großes Problem stellte die große Zahl benötigter Arbeiter dar. Die Baufirmen akquirierten Arbeiter aus ganz Deutschland. Zusätzlich setzte man bis zu 700 Kriegsgefangene ein.

 

Feldpostkarte eines angeworbenen Arbeiters

Aufnahme aus dem Zweiggefangenenlager Ahlhorn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 6: Feldpostkarte eines angeworbenen Arbeiters vom 29.11.1915.

Er schreibt: Ich bin seit Freitag hier in Ahlhorn auf dem Luftschiffbau. Wir hatten freie Fahrt und auch den Tag bezahlt.
Wir bekommen 71 Pf. Stundenlohn und 1 M(ark) Auslösung den Tag. Müssen aber in Baracken schlafen. Es (ist) jetzt tüchtig kalt hier; dass wir gar nicht mauern können, müssen jetzt mit ausschachten….

Bild 7: Aufnahme aus dem Zweiggefangenenlager Ahlhorn auf einer
Postkarte mit dem Titel: „Landarbeiten in Ahlhorn

 

 

Bildnachweis:
Bild 1: H. Edzards, Die Entwicklung Ahlhorns im 20. Jahrhundert, Isensee-Verlag 2010, ISBN-Nr.: 978-3-89995-709-9, Abb. 34
Bild 2: H. Edzards, Die Entwicklung Ahlhorns im 20. Jahrhundert, Isensee-Verlag 2010, ISBN-Nr.: 978-3-89995-709-9, Abb. 35
Bild 3: H. Edzards, Die Entwicklung Ahlhorns im 20. Jahrhundert, Isensee-Verlag 2010, ISBN-Nr.: 978-3-89995-709-9, Abb. 37
Bild 4-7: Sammlung J. Ebert


Copyright: Jörg Ebert 2020


 

Luftschiffhafen Ahlhorn – Betrieb und Ende

Im August 1916 wurden die ersten beiden Luftschiffe (L30 und L31) in Ahlhorn stationiert. Es folgten 24 weitere bis Ende 1918. Ihre Aufgabe bestand im Wesentlichen aus Aufklärungsflügen und Angriffsflügen, vornehmlich gegen England.


Da Ahlhorn nach Fertigstellung der 2. Hallengruppe zu den wichtigsten Luftschiffhafen zählte, wechselte der Führer der Marine-Luftschiffe, Fregattenkapitän Peter Strasser mit seinem Stab im Juli 1917 nach Ahlhorn. Auch Großherzog von Oldenburg, Friedrich August, ließ es sich nicht nehmen und besuchte im gleichen Jahr den Luftschiffhafen Ahlhorn.


Doch den erhofften militärischen Erfolg brachten die Luftschiffe nicht. Die dem Gegner zugefügten Schäden blieben weit hinter den deutschen Erwartungen zurück und die Verlustrate bei den Luftschiffen stieg durch verbesserte Abwehrmaßnahmen der Engländer kontinuierlich an.


Von den insgesamt 26 Luftschiffen, die in Ahlhorn mehr oder minder lange stationiert waren, blieben gerade mal 7 Luftschiffe bis zum Kriegsende erhalten.

 

Luftschiff L30 kurz vor der Landung

Bild 1: Luftschiff L30 kurz vor der Landung in Ahlhorn. Im Hintergrund ist die Nachrichtenübermittlungsstation zu sehen

 

 

 Das Luftschiff L41 kurz vor dem Start

Bild 2: Das Luftschiff L41 kurz vor dem Start. Das Luftschiff war von Ende Januar bis Dezember 1917 in Ahlhorn.

L41 beim Einhallen

Bild 3: L41 beim Einhallen, wozu immer eine große Zahl von Matrosen notwendig war, die das Luftschiff nicht nur in die Halle ziehen mussten, sondern auch gegen Windböen zu stabilisieren hatten.

 

Der Abschuss eines Luftschiffes

Bild 4: Der Abschuss eines Luftschiffes wurde von den Franzosen durch Ausgabe von Bildpostkarten propagandamäßig genutzt.  Hier ist L39 am 17.03.1917 über Compiègne/Royallieu zum Absturz gebracht worden.

Absturz Luftschiff L49

Bild 5: Aber auch Wetterumstände oder technische Defekte konnten zum Absturz führen. Das Luftschiff L49 führte in Frankreich eine Bruchlandung durch. Zum Glück wurde dabei niemand ernsthaft verletzt.

 

Am 05.01.1918 gegen 17:30 Uhr ereignete sich eine gewaltige Explosion auf dem Luftschiffhafen. Nach Augenzeugenberichten wurden in Sekundenschnelle vier Hallen und fünf Luftschiffe zerstört. Dabei kamen 15 Menschen ums Leben und 134 wurden teils schwer verletzt. Die Ursache konnte nie restlos aufgeklärt werden. Die Marineführung tendierte zu Sabotage, während im Nachhinein die Indizien eher für ein Unglück sprechen.


Durch die Explosion kam der Betrieb für 3 Monate vollends zum Erliegen. Fregattenkapitän Peter Strasser und sein Stab verließen am 10.01.1918 Ahlhorn und kehrten nach Nordholz zurück. Ab April waren die Hallen 1, 5 und 6 soweit hergerichtet, dass 2 Luftschiffe von Nordholz nach Ahlhorn verlegt werden konnten. Doch die volle Einsatzfähigkeit erreichte der Platz nicht mehr. In den Monaten Juni bis Oktober lag die Zahl der Fahrten im Durchschnitt bei fünf pro Monat. Im November gab es überhaupt keine Fahrten mehr. Ein sinnvoller Einsatz der rund 1100 Soldaten wurde unter diesen Umständen immer schwieriger, was auch negative Auswirkungen auf die Moral der Truppe hatte.

 

Die zerstörten Hallen 3-4

 Bild 6: Die zerstörten Hallen 3-4 auf einer Luftaufnahme. Oben links sind die im Bau befindlichen Hallen 5-6 zu sehen.

Nahaufnahme des Trümmerfeldes 

Bild 7: Nahaufnahme des Trümmerfeldes von Halle 3. Im Vordergrund ist noch der Propeller eines der Maybachmotoren der zerstörten L46 zu sehen.

 

 

Im November 1918 kam es zunächst in Kiel zu einer Revolution von Marinesoldaten, die sich schnell auf andere Marinestandorte ausweitete. Auch in Ahlhorn bildete sich am 06.11.1918 ein Soldatenrat, der den Luftschiffhafen übernahm und mit 2 Ausnahmen die Offiziere vom Platz verwies.

Laut dem damaligen Marinestabsarzt sorgte der Soldatenrat für einen geordneten Ablauf auf dem Marinestützpunkt bis zur Auslieferung der Luftschiffe an die Siegermächte im Jahre 1920.

Vom Soldatenrat in Ahlhorn existieren nur wenige Belege. Neben einem Entlassungsschein mit dem Stempel „Soldatenrat Ahlhorn“ vom 24.11.1918 (im Museum zu sehen), gibt es noch die hier gezeigten Anzeigen in den „Nachrichten für Stadt und Land Oldenburg“ von November 1918.

 

 Zeitungsannoncen des SoldatenratesZeitungsannoncen des Soldatenrates

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 8-9: Zeitungsannoncen des Soldatenrates Ahlhorn aus der Zeitschrift „Nachrichten für Stadt und Land Oldenburg“, November 1918.


Auch aus der Zeit nach der Revolution ist wenig bekannt. Die meisten Marinesoldaten wurden bis zum 31.03.1919 entlassen. Der Luftschiffhafen wurde jetzt als Marinestation geführt und durch die Küstenwehrabteilung 5 bewacht.

Bis Juli 1920 wurden die verbliebenen Luftschiffe, Hallenteile und Fabrikanlagen als Reparationsleistungen an die Alliierten übergeben.

Im Museum wird die Geschichte deutlich ausführlicher anhand vieler Exponate und Fotos dargestellt. Auch ist dort die Kopie der größten existierenden Feldpostsammlung über den Luftschiffhafen Ahlhorn und den dort stationierten Kommandos ausgelegt. Diese vermittelt einen guten Eindruck über die Sorgen und Nöte der damaligen hier stationierten Soldaten. Zudem sind zu jedem Luftschiff die wichtigsten Daten und deren Schicksal dokumentiert. 

 

Bildnachweis:
Bild 1: H. Edzards, Die Entwicklung Ahlhorns im 20. Jahrhundert, Isensee-Verlag 2010, ISBN-Nr.: 978-3-89995-709-9, S. 62, Abb. 54
Bild 2-5: Sammlung Jörg Ebert
Bild 6: H. Edzards, Die Entwicklung Ahlhorns im 20. Jahrhundert, Isensee-Verlag 2010, ISBN-Nr.: 978-3-89995-709-9, S. 80, Abb. 69
Bild 7: Dr. Fritz Strahlmann, Zwei deutsche Luftschiffhäfen des Weltkrieges, 1926, S. 220
Bild 8: aus der Zeitschrift: Nachrichten für Stadt und Land Oldenburg, Ausgabe vom 15.11.1918
Bild 9: aus der Zeitschrift: Nachrichten für Stadt und Land Oldenburg, Ausgabe vom 28.11.1918

Copyright: Jörg Ebert 2020